Zwischen Nachhaltigkeit und Frevel. Forsteinrichtungskarten des 18. und 19. Jahrhunderts

Charakteristisch für «nachhaltige» Forstverwaltungen, die sich im Verlauf der Institutionalisierung der Forstwissenschaft im 18. und 19. Jahrhundert etablierten, waren Verfahren der Forsttaxation bzw. der Forsteinrichtung. Standardisierte Kartenformate spielten eine bedeutungsvolle Rolle bei der Einteilung und Planung von Wäldern. Die sogenannten Forsteinrichtungskarten repräsentierten Waldgebiete innerhalb eines Gittermusters analog zu den vorgenommenen Flächeneinteilungen im Wald. Baumarten, Bodenarten, das Alter der Holzbestände und der geplante Zeitpunkt der Fällung wurden mit verschiedenen Farben, einer Kombination aus Ziffern und Buchstaben und anderen Notationssystemen dargestellt. Der Vortrag fragt danach, auf welche Weise die Forsteinrichtungskarten die sozio-naturalen Räume der Wälder repräsentierten und gleichzeitig nach den Idealen einer nachhaltigen Forstwirtschaft transformierten. Welche Rolle spielten Forsteinrichtungskarten bei der Reglementierung von Waldnutzungspraktiken? Der Fachbegriff «Frevel» erweist sich als ein Sammelbegriff, unter dem verschiedene Waldnutzungspraktiken subsummiert wurden, die aus der Perspektive der Forstwissenschaft als nicht-nachhaltig und als schädlich für den Fortbestand der Wälder galten. Anhand von historischen Beispielen aus Deutschland und der Schweiz verfolgt dieser Vortrag die Kulturtechnik der wissenschaftlichen Forsteinrichtung, die letztendlich als eine Legitimation dazu diente, um homogene Waldbestände mit möglichst nur einer Baumart und einer Altersklasse durchzusetzen.

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