Reste und Ressourcen. Regulierungen von Stoffströmen im 19. und 20. Jahrhundert [Panel #82]
Mittwoch, 29. Juni
17:30 bis 19:00 Uhr
Raum M 1170
Alle Gesellschaften erschliessen, handeln, nutzen und entsorgen Ressourcen. Seit dem 19. Jahrhundert haben sich dabei komplexe Abhängigkeiten und Konflikte entwickelt. Denn Ressourcen sind nicht einfach natürlich gegeben. Ihre Gewinnung, Verarbeitung und Entsorgung sind Gegenstand sozialer Aushandlung. Dabei entstehen Knappheit und Überfluss gleichermassen, was neue Ungleichheiten schafft oder alte zementiert; die Verhältnisse zwischen Menschen und Natur, Umweltverschmutzung und Umweltschutz, Risikobewusstsein und Gefahrenprävention wandeln sich; eine massgeblich durch Menschen geformte, an Ressourcengewinnung und -verteilung orientierte Natur entsteht.
Vor diesem Hintergrund beleuchtet das vorgeschlagene Panel Formen der Regulierung, Verwaltung und politischen Gestaltung von Ressourcen und Stoffströmen. Im Zentrum stehen Elemente und Folgen der Aushandlung von Verfügbarkeit, Verantwortung und Profit. Die Vorträge folgen dabei der Hypothese, dass unterschiedliche soziale Konfigurationen Ressourcen in spezifischer Weise gestalten – und umgekehrt: Was eine Ressource und was Abfall ist, ist historisch kontingent. Ein Stoff wird unter bestimmten ökonomischen, politischen, wissenschaftlich-technischen oder kulturellen Bedingungen zu einer Ressource und kann diesen Status auch wieder verlieren. Nicht weniger wichtig ist daher ebenso der Umgang mit Überbleibseln und Abfallprodukten, welche eine Gefahr für die Umwelt darstellen können und neue Ströme erschaffen, um diese ‹Reste› zu entsorgen oder unschädlich zu machen.
Das Panel thematisiert drei Stoffe und ihre Kreisläufe:
- toxischer Müll
- Treibhausgas-Emissionen
- Nutztiere und Produkte aus der Nutztierverarbeitung
Relevante Aspekte, die es dabei zu berücksichtigen gilt, sind beispielsweise:
- Regime der Ressourcenverteilung
- Gewinnung von Stoffwissen, etwa über Endlichkeit oder Schädlichkeit
- Funktionen und Folgen von Techniken in Stoffströmen
- Soziale und materielle Herstellung von Stoffkreisläufen
- Politik der Abfallentsorgung
Vor diesem Hintergrund thematisiert das Panel einerseits, wie Menschen Stoffströme lenkten; andererseits betrachtet es Stoffe und die natürliche Umwelt als historische Akteure, an die sich soziale Praktiken anpassen mussten. Es leistet damit einen Beitrag zu einer Umweltgeschichte, die mit Fragen der Materialität und sozialen Praxis verknüpft ist.
Verantwortung
Kommentar
ReferentInnen
Referate
- Kreislauf-Visionen der nationalsozialistischen Recycling-Politik: Das Beispiel der Lumpen
- Die Kommodifizierung von CO2. Politische Konstruktion von Knappheit im Kyoto-Protokoll
- Animalische Stoffflüsse. Überlegungen zur Technik- und Wirtschaftsgeschichte des nutztierlichen Verwertungskomplexes in der Hochmoderne